© 2014 Holger Albers

Beispiel aus der Arbeit


Auch Eliten brauchen Gemeinschaft


Es gibt Vereine, denen sagt man ein eher rustikales Image nach. Im Fußball etwa wird aus Rot-Weiß Essen sicher nie ein so glamouröser Club werden können wie es etwa der FC Bayern ist. Gleiches gilt auch für Sportarten. Zu den vermeintlich eher elitären kann man neben Golf und Hockey sicher auch das Rudern zählen.


An einem großen deutschen Fluss ist nun dieser traditionsreiche und traditionsbewusste Ruderverein beheimatet. Sportlich läuft alles nach wie vor bestens: Wie schon vor vierzig oder achtzig Jahren bringt er auch heute immer wieder deutsche Meister und Olympiateilnehmer hervor. Aber in der Führung passt es nicht mehr wie gewünscht. Das Präsidium kann die anstehenden Aufgaben ehrenamtlich kaum bewältigen. Enige wichtige Funktionen im Verein, wie etwa der Posten des Bootswarts, sind unbesetzt und nun droht auch noch das gesellschaftliche Aushängeschild des Vereins, ein traditioneller Ball, zu kippen. Das ruft einige Ehrenmitglieder auf den Plan. Sie sehen ihr Lebenswerk, dem sie sich teilweise ein Vierteljahrhundert gewidmet haben, in Gefahr. Ihr Plan: Eine neue Führungsstruktur mit mehreren Ebenen und klaren Hierarchien und Aufgabenzuweisungen.  


Als Kenner von Menschen und gruppendynamischen Prozessen sollte man skeptisch sein, wenn wie in diesem Fall gut zwei Dutzend Menschen einen freien Samstag für ihren Verein opfern, sich zu einem Workshop zusammenfinden und nach wenigen Minuten bereits merken, dass sie eigentlich nur zum zustimmenden Nicken geladen wurden. Als Moderator dieser Veranstaltung war ich auf einiges gefasst und auf vieles vorbereitet. Es hat auch nicht lange funktioniert, was sich die verdienten älteren Herren ausgedacht haben. Die Anwesenden wollten diskutieren, ihre Ideen einbringen und selbst Vorschläge erarbeiten.


Am Ende dieses außerordentlich anstrengenden, aber unter dem Strich auch sehr erfolgreichen Tages stand ein Ergebnis, das diesen Verein vorangebracht hat. Die neue Struktur wurde nicht abgesegnet, zumal sie die Zahl der ehrenamtlichen Posten fast verdreifacht hätte. Dafür aber fanden sich Freiwillige für einzelne Aufgaben wie die Website oder die Vereinszeitschrift. Auch ein neuer Bootswart meldete sich spontan. Ihm gefiel die neue Aufbruchstimmung, in der Gemeinsamkeit eine größere Rolle spielen soll als Elite und Obrigkeitsdenken.